Ein weiteres von der Corona-Pandemie geprägtes Jahr geht zu Ende. Es sind noch wenige Tage bis zu dem für die allermeisten Unternehmen maßgeblichen Bilanzstichtag des 31.12. Dann werden die Bücher geschlossen und das Geschäft beginnt von vorne. Die Unsicherheit bringende Pandemie hingegen dauert wohl noch eine Weile an. Wir werfen einen Blick zurück auf das bAV-Jahr 2021
Von Stillstand und vergebener Mühe
Vieles, was wir eingangs des letztjährigen Jahresrückblicks auf die betriebliche Altersvorsorge geschrieben haben, hat weiter Gültigkeit: Die Verfassungskonformität (oder eben –widrigkeit) des § 6a EStG, also des steuerlichen Diskontierungszinssatzes für Pensionsrückstellungen von festgeschriebenen 6 %, ist weiterhin anhängig beim BFH und somit nicht höchstrichterlich entschieden. Brisanz gewinnt dies abermals durch die am 8. Juli 2021 getroffene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen mit jährlich 6 % für die Steuerjahre ab 2014 verfassungswidrig sei. Parallelen drängen sich auf und der Druck auf den BFH wird damit nicht kleiner werden.
Auch ist immer noch kein Sozialpartnermodell am Markt etabliert. Zwischenzeitlich verkündete Produkte wurden von der BaFin wieder einkassiert. Die Zahl der namhaften Anbieter, die sich in Stellung bringen, wächst jedoch weiter an.
Und das im Vorjahr geforderte Zinsmoratorium für den HGB-Zinssatz zur Abzinsung der Pensionsverpflichtungen des Instituts der versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung e.V. (IVS) zusammen mit der BDA wurde nicht umgesetzt. Forderung war, den HGB-Zins bis Ende 2022 auf den Stand von 2019 einzufrieren. Stattdessen wird der Zins erwartungsgemäß weiter sinken (s.u).
Was hat sich denn nun geändert?
Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersvorsorge
Schon seit vergangenem Jahr wissen wir, dass ab 2022 ein weiterer Durchführungsweg der bAV dem gesetzlichen Insolvenzschutz unterliegen wird, und zwar die regulierten Pensionskassen. Dies sind Pensionskassen, die in ihrem Leistungsplan von dem gesetzlichen Höchstrechnungszins der Lebensversicherer (derzeit 0,9 %, ab 2022: 0,25 %) abweichen können und im Gegenzug von der BaFin enger beaufsichtigt werden. Diese unterliegen nämlich nicht dem Insolvenzmechanismus der Lebensversicherung „Protektor“. Die Ausweitung des Insolvenzschutzes auf diese Pensionskassen ist insb. eine Reaktion darauf, dass bereits zahlreiche dieser Kassen ihre versprochenen Leistungen auf Grund wirtschaftlicher Schwierigkeiten senken mussten. Der Arbeitgeber musste im Zuge der arbeitsrechtlichen Einstandspflicht für die Differenz aufkommen. Fiel jedoch auch der Arbeitgeber aus, waren die Zusagen nicht geschützt, da sie in der Vergangenheit nicht dem Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) unterlagen. Seit 2021 sind unternehmen, die diesen Durchführungsweg in ihrem Repertoire der bAV haben, beitragspflichtig zum PSV. Mit der Jahreswende greift nun auch der faktische Insolvenzschutz. Apropos PSV, dieser gab jüngst seinen Beitragssatz für die Sicherung von Anwartschaften und laufenden Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge bekannt: Trotz Corona-Pandemie beträgt dieser nur 0,6 Promille und untertraf die Schätzung zu Jahresmitte damit deutlich.
Die doppelte Treuhand ist rechtssicher
Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 22.09.2020 - 3 AZR 303/18 (die Veröffentlichung der Urteilsbegründung erfolgte in 2021) die Rechtmäßigkeit von doppelten Treuhandverhältnissen zur Sicherung von Anwartschaften der betrieblichen Altersversorgung (erneut) bestätigt (wir berichteten). Doppelte Treuhandverhältnisse, oftmals auch als Contractual Trust Arrangements (CTA) bezeichnet, sind verbreitete und anerkannte Modelle zur Insolvenzsicherung und Liquiditätsvorsorge zur Sicherung von Ansprüchen auf betriebliche Altersversorgung (bAV). Insbesondere in Verbindung mit einer Direktzusage sind sie ein beliebtes Finanzierungsinstrument. Die mit einem CTA reservierten Mittel qualifizieren sich in der Regel als saldierungsfähiges Vermögen nach Handelsgesetzbuch bzw. plan-assets im Sinne der internationalen Rechnungslegung, sodass der oftmals ungeliebte Bilanzausweis der Rückstellung für Altersversorgungsverpflichtungen (in Teilen) entfallen kann.
Der schleichende Tod einer Zusageart?
Schon länger war als Folge des anhaltenden Niedrigzinsumfeldes zweifelhaft, ob die Zusageart der so genannten Beitragszusage mit Mindestleistung (BZmL) zukunftssicher sei. Die zwingend zu versprechenden Beitragsgarantien schmälern die Renditeerwartungen. Versicherer taten sich darüber hinaus schwer, mit Produkten für die BZmL Gewinne zu erzielen. Das Sinken des Höchstrechnungszinses auf 0,25 % in 2022 tut sein Übriges. Bereits 2020 schlugen Branchenvertreter vor, die Beitragsgarantie auf 80% abzusenken. Das ist im Rahmen dieser Zusageart jedoch nicht ohne weiteres mit dem Betriebsrentengesetz vereinbar, welches in § 1 Abs. 2 Nr. 2 für die BZmL mindestens den Erhalt der eingezahlten Beiträge verlangt. Nägel mit Köpfen machte im Frühsommer dann die Allianz, und informierte seine Firmenkunden und Makler über das Ende der Produktwelt für die BzML zum Jahresende 2022. Stattdessen biete die beitragsorientierte Leistungszusage (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 Betriebsrentengesetz) höhere Renditechancen bei Wahl-Garantieniveaus von 90, 80 oder 60 %. Zahlreiche weitere Versicherer haben ihre Tarife für die BZmL ebenfalls eingestellt oder das für die Zukunft angekündigt.
Die Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung sinkt erstmals seit 1957!
Doch das kommt gar nicht so überraschend, denn das sah schon der Referentenentwurf des BMAS über die Rechengrößen in der Sozialversicherung im September vor. Die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) zur Rentenversicherung (West) wird in 2022 von 7.100 € auf 7.050 € sinken. Grund ist die Kopplung an die Lohnentwicklung. Gemäß § 159 SGB IV verändert sich die BBG jeweils zum 01.01. eines Jahres im gleichen Verhältnis, in dem die Bruttogehälter und -löhne der Arbeitnehmer im vergangenen zu den entsprechenden Bruttogehältern und – löhnen im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie verlief die Lohnentwicklung in Deutschland negativ. Im Westen betrug sie -0,34 Prozent und im Osten -0,15 Prozent. Das BMAS wies zu Recht darauf hin, dass aufgrund des gesetzlich vorgegebenen Ermittlungsmaßstabs keine Spielräume für abweichende Entscheidungen bestehen.
Die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost) ist aufgrund derer Angleichung an die BBG (West) bis 2024 dennoch um 50 € pro Monat zu erhöhen. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die im gesamten Bundesgebiet einheitlich geltenden Beitragsbemessungsgrenzen für die Kranken- und Pflegeversicherungen unverändert bleiben, da sich trotz des Absinkens des Lohnniveaus keine rundungsrelevante Reduzierung ergab.
Entgeltumwandlungszuschuss trifft nun auch die „letzten Unternehmen“
2018 ist mit dem Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes unter anderem der verpflichtende Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung zu Gunsten einer bAV in die versicherungsförmigen Durchführungswege (Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds) Realität geworden. Für bereits bestehende Entgeltumwandlungen galt eine „Schonfrist“ bis 2022. Für neue Vereinbarungen war der Zuschuss ab 2019 sofort zu gewähren. Einer ausgiebigen Diskussion, was eine „neue“ Entgeltumwandlung ist, z.B. wenn eine neue Entgeltumwandlungsvereinbarung auf Grundlage einer bestehenden, älteren Betriebsvereinbarung geschlossen wurde (Lösung: Die Entgeltumwandlung ist in diesem Sinne nicht zwingend als „neu“ zu behandeln), schlossen sich nicht nur ausufernde Beiträge zur Berechnung des Zuschusses an. Wir berichteten ausgiebig (u.a. hier und hier und hier). Da die Übergangsregelung mit Jahreswechsel ausläuft, ist der Zuschuss fortan zwingend zu gewähren. Tarifvertraglich kann der Zuschuss ausgeschlossen oder in der Höhe abweichend vereinbart werden. Bereits zuvor durch den Arbeitgeber geleistete Zuschüsse, die im originären Zusammenhang mit der Entgeltumwandlung stehen, können ebenfalls angerechnet werden. In allen anderen Fällen ist der Zuschuss in der Höhe zu gewähren, in der tatsächlich Sozialabgaben gespart wurden (bei so genannter „spitzer“ Abrechnung), oder pauschal in Höhe von (min.) 15 %. Wenn Sie die Umsetzung noch nicht vorbereitet haben sollten, ist es nun höchste Eisenbahn!
Die steuerliche Förderung der bAV
Die Finanzverhaltung hat das BMF-Schreiben „Steuerliche Förderung der betrieblichen Altersversorgung“ im Herbst erneut aktualisiert. Die neue Fassung des BMF-Schreiben vom 12.08.2021 ersetzt die vorigen BMF-Schreiben vom 06.12.2017 und vom 08.08.2019. Die Änderungen sind vielschichtig und in weiten Teilen nur für anwendende Spezialisten relevant oder verständlich. Einige wesentliche Änderungen haben wir in der PBG-Info vom 26.11.2021 vorgestellt.
Der Zins
Und zu guter Letzt werfen wir auch dieses Jahr wieder einen Blick auf die Zinssätze zur Diskontierung der Pensionsverpflichtungen zu Jahresende. Zum 31.12.2021 schätzen wir den Zins nach § 253 Abs. 2 HGB auf 1,87 % (10 Jahres-Durchschnitt) für eine Restlaufzeit von 15 Jahren. Zu Ende November hat die Deutsche Bundesbank ihn mit 1,90 % angegeben. Zum 31.12.2020 betrug er noch 2,30 %. Die handelsbilanzielle Belastung für Unternehmen steigt also weiter auf Grund des steigenden Bilanzausweises der nötigen Rückstellungen.
Wir sind gespannt, was das neue Jahr für uns bereit hält und unterstützen Sie natürlich weiter gern mit professionellem Rat und Tat im Recht und der Bewertung der bAV und darüber hinaus.
Das Team der PBG wünscht einen guten Rutsch in ein gesundes neues Jahr 2022!