Am 20. September 2021 hat das Bundeskabinett wie in jedem Jahr den Referentenentwurf „Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2022“ des BMAS beschlossen. Doch dieses Jahr wurde der Kabinettsbeschluss mit Spannung erwartet. Schließlich enthielt der Entwurf die Senkung der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (West). Das gab es seit 1957 nicht mehr.
Die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) zur Rentenversicherung (West) wird damit in 2022 von 7.100 € auf 7.050 € sinken.Es ist davon auszugehen, dass auch der Bundesrat seine Zustimmung dazu geben wird (voraussichtlich Ende November). Seit 2013 betrug der Anstieg der monatlichen BBG pro Jahr meist 150 €, manchmal auch 200 €.
Rückgang der Lohnentwicklung
Das Absenken der BBG ab 2022 war dennoch vorhersehbar. Gemäß § 159 SGB IV verändert sich die BBG jeweils zum 01.01. eines Jahres im gleichen Verhältnis, in dem die Bruttogehälter und -löhne der Arbeitnehmer im vergangenen zu den entsprechenden Bruttogehältern und – löhnen im vorvergangenen Kalenderjahr stehen.
Aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie verlief die Lohnentwicklung in Deutschland negativ. Im Westen betrug sie -0,34 Prozent und im Osten -0,15 Prozent. Die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost) ist aufgrund derer Angleichung an die BBG (West) bis 2024 im Unterschied übrigens dennoch um 50 € pro Monat zu erhöhen.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die im gesamten Bundesgebiet einheitlich geltenden Beitragsbemessungsgrenzen für die Kranken- und Pflegeversicherungen unverändert bleiben, da sich trotz eines Absinken des Lohnniveaus keine rundungsrelevante Reduzierung ergab.
Da die Beitragsbemessungsgrenze die Einkommenshöhe angibt, bis zu der Sozialversicherungsbeiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung zu zahlen sind, führt die Absenkung für Arbeitnehmer mit einem Einkommen oberhalb von 7.050 € zu einer Reduzierung der Rentenversicherungsbeiträge und für die Rentenversicherung entsprechend zu Beitragsmindereinnahmen.
Verwaltungsmehraufwand befürchtet
In der betrieblichen Altersversorgung wurde die erwartete Absenkung der BBG (West) mit einer gewissen Sorge gesehen. Orientiert sich doch sowohl die Höhe des gesetzlichen Rechtsanspruchs auf Entgeltumwandlung gemäß § 1 a BetrAVG als auch die Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit von Entgeltumwandlungen an der jeweils geltenden Jahres-BBG (West).
Bei einer Minderung der Jahres-BBG (West) von 85.200 € in 2021 auf 84.600 € in 2022 reduziert sich der Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung in Höhe von 4 % der BBG um 24 € jährlich bzw. 2 € monatlich. Trotz der nominell nur marginalen Auswirkung wurde gerade in den versicherungsförmigen Durchführungswegen der bAV ein erheblicher Anpassungsaufwand befürchtet. Der Appell vom Gesamtverband der Versicherungen (GDV) und der aba Arbeitsgemeinschaft für betrieblichen Altersversorgung e.V. in Stellungnahmen an das BMAS, die BBG wenigstens für die betriebliche Altersversorgung auf dem Niveau von 2021 beizubehalten, blieb jedoch ungehört: Das BMAS wies zu Recht darauf hin, dass aufgrund des gesetzlich vorgegebene Ermittlungsmaßstabs keine Spielräume für abweichende Entscheidungen bestehen. Darüber hinaus hätten die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften (§ 3 Nr. 63 EStG, § 1 Abs. 1 Nr. 9 SvEV und § 14 Abs. 1 S. 2 und § 115 SGB IV) angepasst werden müssen.
Freibeträge und Anpassungsbedarf
Welche Konsequenzen sich für die Arbeitgeber ergeben kann nicht allgemein beantwortet werden. Grundsätzlich können Arbeitgeber, der Entgeltumwandlungen über eine Direktzusage ermöglichen, steuerrechtlich unbedenklich höhere Umwandlungen als 4 % der BBG (West) zulassen, weil es in der Direktzusage keine Begrenzung des steuerfreien Umwandlungsbetrages gibt.
Auch in den versicherungsförmigen Wegen sind seit 2018 Entgeltumwandlungen bis zu 8 % der BBG (West) steuerfrei möglich, sodass der Arbeitgeber auch hier einen Umwandlungsbetrag, der 4 % der BBG übersteigt, zulassen kann, ohne dass dies zwangsläufig zur Steuerpflicht des Beitrags führt.
Sozialversicherungsfrei sind unabhängig vom gewählten Durchführungsweg stets 4 % der BBG (West). Die den Rechtsanspruch übersteigende Entgeltumwandlung um weitere 4 % der BBG (West) ist ohnehin immer sozialversicherungspflichtig (sofern sie aus beitragspflichtigen Einkommen stammt). Einzelne Tarifverträge regeln jedoch eine Begrenzung der Umwandlungsmöglichkeiten auf „die ersten 4 %“.
Fließt der Entgeltumwandlungsbetrag in einen versicherungsförmigen Durchführungsweg, muss dann eine Anpassung des Versicherungsbeitrages an die geltenden 4 % der BBG erfolgen, wenn die Umwandlungsvereinbarung die vollen 4 % der BBG (West) ausschöpft.
In jedem Fall muss der Arbeitgeber seinen Bestand auf Auswirkungen überprüfen und ggf. mit dem Arbeitnehmer, seinem zuständigen Makler oder der Versicherungsgesellschaft Kontakt aufnehmen. Grundsätzlich dürften die Auswirkungen in der Direktzusage geringer sein. Aber auch hier sind Verknüpfungen mit Versicherungen nicht auszuschließen.
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