Die Finanzverhaltung hat das BMF-Schreiben „Steuerliche Förderung der betrieblichen Altersversorgung“ im Herbst erneut aktualisiert. Die neue Fassung des BMF-Schreiben vom 12.08.2021 ersetzt die vorigen BMF-Schreiben vom 06.12.2017 und vom 08.08.2019. Vier der zahlreichen Änderungen mit  besonderer Praxisbedeutung  stellen wir nachfolgend vor.

 

Neufassung des BMF-Schreibens zur betrieblichen Altersversorgung vom 12. August 2021

 

Versorgungsfall und Vererbbarkeit

Direkt in der ersten Randnummer des überarbeiteten BMF-Schreibens gibt es eine klarstellende Änderung:

Dort hebt die Finanzverwaltung nochmals hervor, dass Grundvoraussetzung der steuerlichen Anerkennung einer Versorgungszusage als betriebliche Altersversorgung ist, dass

  • die Zusage des Arbeitgebers einem im Betriebsrentengesetz geregelten Versorgungszweck dient,
  • die Leistungspflicht nach dem Inhalt der Zusage durch ein im Gesetz genanntes biometrisches Risiko ausgelöst
  • und durch die vorgesehene Leistung ein im Gesetz angesprochenes biometrisches Risiko teilweise übernommen wird.

Aufgrund des Bezugs auf das BAG-Urteil vom 16.03.2010 – 3 AZR 594/09 und der Ergänzung in Randnummer 3a wird hiermit zum einen abgegrenzt, dass die Absicherung von Arbeitsunfähigkeitszeiten nicht unter den Versorgungsfall  „Invalidität“ subsummiert werden kann. Zum anderen ist für den Eintritt des biometrischen Risikos der Invalidität die tatsächliche Arbeitsunfähigkeit nicht zwingend erforderlich. Sinnvollerweise ergänzt das BMF, dass die invaliditätsbedingte Arbeitsunfähigkeit aber als Voraussetzung für den Eintritt des Versorgungsfalles vertraglich geregelt werden kann.

Ergänzend sei auch nochmals auf die unveränderten Aussagen der Finanzverwaltung in den Sätzen 3 und 5 hingewiesen: Danach müssen die in den Sätzen 1 und 2 formulierten Vorgaben bei allen abgesicherten biometrischen Risiken erfüllt werden. Das bedeutet insbesondere, dass bei einem in Raten ausgezahlten Alterskapital bis zum Tod des Berechtigten noch nicht ausgezahlte Raten nur an die in der betrieblichen Altersversorgung berechtigten Hinterbliebenen gezahlt werden dürfen.

 

Keine „Novation“ bei verpflichtendem Arbeitgeberzuschuss nach dem Betriebsrentenstärkungsgesetz

In Rn 148 a hat die Finanzverwaltung (jedenfalls für nach dem 31.12.2004 abgeschlossene) Direktversicherungen, Pensionskassen- und Pensionsfonds-Versicherungen klargestellt, dass Beitragsaufstockungen, um den Arbeitgeberzuschuss nach § 1a Abs. 1a BetrAVG umzusetzen, in einem bestehenden Vertrag nicht als so genannte Novation behandelt werden. Das bedeutet, dass grundsätzlich auch Versicherungsbeiträge in Tarifen mit einem den aktuellen Höchstrechnungszins übersteigenden Zinssatz möglich sind (also z.B. in Altverträge, die noch mit höherem Garantiezins kalkulieren). Eine Beitragsaufstockung im bestehenden Vertrag kann dennoch an anderen Faktoren scheitern: Zum Beispiel an den Versicherungsbedingungen, die keine Erhöhung des Beitrags erlauben, dem bereits ausgeschöpften maximalen steuerfreiem Beitrag, oder daran, dass der Arbeitgeberzuschuss vom Arbeitgeber in einer den gesetzlichen Umfang abweichender Höhe oder auch an nichtberechtigte Mitarbeiter freiwillig gezahlt wird. Dennoch ist die Klarstellung grundsätzlich zu begrüßen.

 

Steuerfreie Beiträge des Arbeitgebers gemäß § 3 Nr. 63 EStG in Zeiten der Kurzarbeit

Sicherlich ausgelöst durch die zahlreichen coronabedingten Kurzarbeitsarbeitsverhältnisse in 2020 und 2021 ergänzt die Finanzverwaltung in Rn 24, dass steuerfreie Arbeitgeberbeiträge in eine Direktversicherung, eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds auch bei Bezug von Kurzarbeitergeld möglich sind, da die Steuerfreiheit lediglich an das Bestehen eines ersten Dienstverhältnisses geknüpft ist.

 

Auslagerung von Pensionsverpflichtungen - Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 66 EStG?

Die Auslagerung bestehender intern finanzierter Direktzusagen (unmittelbare Zusagen des Arbeitgebers auf betriebliche Altersversorgung) auf einen Pensionsfonds wird steuerlich flankiert, indem der Einmalbeitrag zur Finanzierung der im Auslagerungszeitpunkt erreichten Anwartschaften („Past Service“) für den Arbeitnehmer lohnsteuerfrei ist, sofern der Arbeitgeber beim Finanzamt einen Antrag auf Verteilung des Beitragsanteils stellt, der den steuerlichen Wert des auszulagernden Past Service übersteigt.

Feststehende Auffassung der Finanzverwaltung ist, dass für anschließend regelmäßig wiederkehrende Übertragungen zur Ausfinanzierung der künftig erdienbaren Leistungen („Future Service“) im Rahmen eines Gesamtplans  Steuerfreiheit nur im Rahmen von § 3 Nr. 63 gegeben ist. Das heißt,  steuerfreie Zuwendungen sind auf 8 % der Beitragsbemessungsgrenze (West) beschränkt. Dies entspricht in 2021 einem jährlichen Beitrag von max.  6.816 €.

In der Praxis ist zu beobachten, dass mit Übertragungen des Future Service in unregelmäßigen Abständen die Begrenzung der Steuerfreiheit überwunden werden und sich die Abzugsfähigkeit des Beitrags erneut am Finanzierungsaufwand an dem nach der ersten Auslagerung aufgelaufenen weiteren  Past Service  gemäß 3 Nr. 66 EStG bemessen soll.

Zu Unrecht wird die Regelung in Rn 56 teilweise dahingehend interpretiert, dass die Finanzverwaltung für Auslagerungen im Rahmen eine Gesamtplans die Steuerfreiheit akzeptiert hat. Vorliegend bestätigt die Finanzverwaltung nur, dass, wenn bei Auslagerung des Past Service ohne Einbeziehung des Future Service die künftigen Versorgungsanwartschaften erst bei Rentenbeginn in einer Summe ausgelagert werden, kein steuerschädlicher Gesamtplan vorliegt. Wann und ob überhaupt bei sukzessiver Auslagerung des Future-Service vor Rentenbeginn der Finanzierungsaufwand nach § 3 Nr. 66 EStG steuerfrei sein könnte, hat die Finanzverwaltung auch in diesem BMF-Schreiben nicht beantwortet.

 

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