Seit der zweiten Jahreshälfte 2021 ist die Inflation zurückgekehrt. Im Dezember war ein Preisanstieg von 5,3 % gegenüber dem Vorjahresmonat zu verzeichnen. Die Verbraucher spüren den Preisanstieg insbesondere bei den Energiekosten. Auch Unternehmen sind von der steigenden Inflation betroffen. Aus der Inflation können sich auch Mehrbelastungen in der betrieblichen Altersversorgung ergeben.
Anpassungsprüfungspflicht
Grundsätzlich besteht nach § 16 Abs. 1 Betriebsrentengesetz keine Anpassungs-, sondern lediglich eine Anpassungsprüfungspflicht. Der Arbeitgeber hat im Rahmen einer Ermessensentscheidung die Interessen der Arbeitnehmer an der Kaufkraftstabilität ihrer Renten und die wirtschaftlichen Interessen seines Unternehmens abzuwägen. Nach dem Gesetz sind die Betriebsrenten grundsätzlich im Drei-Jahres-Rhythmus auf eine Anpassung zu überprüfen. Die individuellen „Starttermine“ der Rentenzahlungen können unter Beachtung gewisser Fristen auf einen einheitlichen Prüfungszeitpunkt gebündelt werden, um den Prozess administrativ zu vereinfachen.
Kann die Rentenanpassung ausgesetzt werden?
Zum 01.02.2022 könnte der Teuerungsausgleich bei Betriebsrenten, die zuletzt vor drei Jahren angepasst wurden, etwa 6,8 % erreichen. Angesichts der Höhe der Anpassungsrate und den coronabedingten wirtschaftlichen Einbußen werden sich die Arbeitgeber verstärkt die Frage stellen, ob sie die Rentenerhöhung nicht aussetzen können.
Dabei ist häufig jedoch nicht entscheidend, ob das Unternehmen auf schwierige wirtschaftliche Jahre zurückblickt. Da sich die Mehrbelastungen aus den Rentenerhöhungen erst in den künftigen Jahren realisieren werden, kann die Rentenerhöhung nur dann ausgesetzt werden, wenn sie nicht aus den erwarteten Erträgen in den künftigen Jahren finanziert werden kann.
Wirtschaftliche Lage und die Eigenkapitalquote
Grundsätzlich kann ein Unternehmen die Rentenanpassung verweigern, wenn die Eigenkapitalrendite nicht mindestens 2 Prozentpunkte über der Rendite öffentlicher Anleihen liegt. Im aktuellen Niedrigzinsumfeld hat dieser simple Prüfungsmaßstab meist jedoch seine Tauglichkeit verloren. Die Eigenkapitalrendite ist auch dann allein nicht aussagekräftig, wenn zur Überwindung von wirtschaftlichen Schwierigkeiten auf das Eigenkapital zurückgegriffen wurde. Sollte die Eigenkapitalquote jedoch weniger als den mittleren Wert vergleichbarer Unternehmen betragen, kann auch das als Aussetzung einer Anpassung ausreichend sein.
Prognose der wirtschaftlichen Lage
Lässt sich die Anpassungsaussetzung nicht anhand der Eigenkapitalrendite oder –quote begründen, kann nach der Rechtsprechung die Nichtanpassung der Betriebsrenten durch eine Prognose der wirtschaftlichen Lage begründet werden.
Dabei muss die Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung in den auf den Anpassungsstichtag folgenden Jahre auf Basis der handelsrechtlichen Jahresabschlüsse (mindestens der drei zurückliegenden Jahre) belegen, dass die Mehrbelastung der Anpassung nicht aus den erwarteten Erträgen finanziert werden kann. Der Arbeitgeber muss zur Finanzierung der Anpassung nicht auf das Eigenkapital zurückgreifen, ein "Sonderopfer" der Rentner ist ebenfalls unzulässig. Im Zusammenhang mit der Prognose können auch gesellschaftliche Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge zu berücksichtigen sein.
Auch wenn nur ein einzelner Rentner die Anpassung einfordert, sind die Mehrbelastungen aus der Rentenerhöhung aller zum gleichen Anpassungsstichtag zu überprüfenden Renten zu berücksichtigen. Da die wirtschaftliche Lage des Unternehmens für alle Rentner gleich ist, besteht der Anspruch entweder für keinen oder für alle Rentner, auch wenn diese die Anpassung (noch) nicht einfordern.
Bei der Entscheidung über eine Aussetzung der Anpassung sollten Sie in jedem Fall berücksichtigen, dass die Anforderungen an den Nachweis einer wirtschaftlichen Lage umfangreich sind und häufig gerichtsfest nur mit Hilfe eines Wirtschaftsprüfers erfüllt werden können.
Grundsätzlich gehen die gesunde wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens und die Aufrechterhaltung seiner Wettbewerbsfähigkeit dem Interesse der Rentner an einer Anpassung aber vor.
Sollten Sie erwägen, die Anpassung auszusetzen, empfehlen wir, die Betriebsrentner auch über die Gründe dieser Entscheidung nachvollziehbar zu informieren.
Rentenerhöhung nach Escape-Klausel
Keine Anpassungsprüfungspflicht besteht übrigens dann, wenn sich der Arbeitgeber verpflichtet die Renten jährlich ungeachtet der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens um 1 % zu erhöhen. In der Praxis ist das heutzutage eine gängige Vorgehensweise, sich der Anpassungsprüfungspflicht zu entziehen. Jedoch: Diese Möglichkeit besteht nur für ab dem 01.01.1998 erteilten Versorgungszusagen.
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