Im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2017 hatte die FDP ihre Absicht schon formuliert: “Wir wollen die steuer- und handelsrechtliche Bewertung von Pensionsverpflichtungen angleichen.” Mit einer Kleinen Anfrage vom 29.06.2018 hat die FDP-Fraktion dann konsequenterweise der Bundesregierung einige inquisitorische und tiefgehende Fragen gestellt.
Unter anderem lauten diese (sinngemäß):
- Wie ist die vergangene und zukünftige Entwicklung der Pensionsrückstellungen?
- Wie hat sich die Gesetzesänderung 2016 zum handelsrechtlichen Rechnungszinsfuß für die Unternehmen ausgewirkt?
- Wie gefährlich sind steigende handelsbilanzielle Rückstellungen für die Unternehmen?
- Erschweren hohe Pensionszusagen die Nachfolgesuche vor allem in mittelständischen Kapitalgesellschaften?
Alles ja nun keine ungewöhnlichen Fragen. Wenn man Gesetze wie das Betriebsrentenstärkungsgesetz verabschiedet, sollte man natürlich auch wissen, worüber man spricht.
Die Antwort hierauf jedoch kurz zusammengefasst:
Keine Ahnung!
Aber weiter mit den FDP-Fragen:
- Plant die Bundesregierung Änderungen am steuerlichen und handelsbilanziellen Rechnungszins?
Die Antwort hierauf in aller Ausführlichkeit:
Nein! Wenn wir es aber machen würden, wissen wir die Auswirkungen, obwohl wir ja - wie oben dargelegt - keine Ahnung haben: Eine Absenkung des maßgeblichen Zinssatzes gemäß § 6a EStG von 6 % auf 3 % führt zu Mindereinnahmen von 40 Mrd. € und außerdem orientiert
sich der Zinssatz als ertragssteuerliche Größe an der Eigenkapitalverzinsung und nicht am Fremdkapital! Dass Pensionsrückstellungen Fremdkapital sind, auch wenn dieses nicht von außen zugeführt wird, und diese nur wegen ihrer Langfristigkeit Ähnlichkeiten mit Eigenkapital aufweisen, scheint bei der Bundesregierung nicht angekommen zu sein.
Und außerdem können ja immer noch die Rentenzahlungen als Betriebsausgaben geltend gemacht werden - so die Bundesregierung. Also ihr Unternehmen, das muss an Unterstützung reichen, damit ihr die Altersversorgung in Deutschland retten könnt.
Frage der FDP:
- Wie beurteilt die Bundesregierung die kritische Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats des BMF und die Entscheidung des Finanzgerichts Köln zur Realitätsferne und zur Grund-gesetzwidrigkeit der Differenz zwischen handelsrechtlichem und steuerrechtlichem Rechnungszins!
Antwort der Bundesregierung in aller Ausführlichkeit:
Der steuerliche Rechnungszinsfuß für (die Ermittlung von) Pensionsrückstellungen ist verfassungsgemäß. Kann man nun aus der Tatsache, dass die Antwort nicht auf die „Realitätsferne“ eingeht, schließen, dass die Bundesregierung dies auch so sieht?
Natürlich haben wir die Fragen - mehr - und die Antworten - weniger – gekürzt und interpretiert. Leider ist aber die Darstellung der Sachlage korrekt. Zumindest die Antwortschreiber der Bundesregierung wissen bei Themen der betrieblichen Altersversorgung nicht, worüber sie reden. Zwar lassen auch die Fragen der FDP an der einen oder anderen Stelle Detailwissen vermissen, die Antworten der Bundesregierung sind jedoch durchweg von erschreckendem Unwissen gekennzeichnet. Mit welcher Nonchalance hier der wichtigste Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung, die Direktzusage, abgehandelt wird, ist gelinde gesagt abenteuerlich.
Vielleicht war bei der Schaffung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes genauso viel bAV-Kompetenz involviert. Das würde Einiges erklären.
Die Kleine Anfrage der FDP und die ausführliche und aufschlussreiche Antwort der Bundesregierung im vollen Wortlaut finden Sie hier!
Diesen Beitrag als PDF herunterladen: