Die einen oder anderen Presseberichte über den gerade veröffentlichten Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 27.06.2018 (1 BvR 100/15, 1 BvR 249/15) erwecken bei flüchtiger Lektüre den Eindruck, das Gericht hätte in einem großen Wurf Millionen von Betriebsrentnern von Sozialabgaben befreit. Das ist allerdings nicht der Fall. Eine Ungleichbehandlung bei der beitragsrechtlichen Behandlung privat fortgetführter Pensionskassenzusagen wurde jedoch beseitigt.

Zwar hält die politische Diskussion um Änderungen der Sozialabgabenpflicht auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an und es stehen konkrete Vorschläge im Raum, die Abgabenlast für Betriebsrentner zu senken. Damit hat der Beschluss allerdings nichts zu tun. Er beseitigt eine Ungleichbehandlung zwischen privat fortgeführten Direktversicherungen und privat fortgeführten Pensionskassenverträgen. Zahlt ein Arbeitnehmer nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses weiter privat in eine zunächst als betriebliche Altersvorsorge abgeschlossene Direktversicherung ein und übernimmt den Vertrag als Versicherungsnehmer, sind auf die späteren Versicherungsleistungen aus den privat gezahlten Versicherungsbeiträgen keine Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu entrichten (vgl. BVerfG-Beschluss vom 28.09.2010, 1 BvR 1660/08). Der im Arbeitsverhältnis finanzierte Teil bleibt, wie die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung generell in allen Durchführungswegen, sozialabgabenpflichtig.

Bei den Pensionskassen (einem anderen Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung) hat sich das Bundessozialgericht bislang an dieser Unterscheidung zwischen betrieblicher und privater Einzahlung gehindert gesehen (Urteil vom 23.07.2014, B 12 KR 28/12 R) und die gesamte Versicherungsleistung der Beitragspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung unterworfen, auch wenn ein Teil der Leistungen aus privaten Beiträgen nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses resultierte.

Diese Ungleichbehandlung hat das Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft. Es gilt jetzt also lediglich für privat fortgeführte Pensionskassenverträge, was auch vorher schon für privat fortgeführte Direktversicherungen gegolten hat: Allein der privat finanzierte Teil kann in der Auszahlungsphase frei von Sozialabgaben sein. Für Betriebsrenten ändert sich durch die Entscheidung nichts. Hier ist der Gesetzgeber am Zug.

Fazit: Vorerst keine Beitragsentlastung mit Breitenwirkung für Betriebsrentner und keine immensen Beiträgsausfälle in der Sozialversicherung. Und ganz wichtig: Keine Abkehr von der Systematik in der betrieblichen Altersversorgung, die da lautet nachgelagerte Besteuerung und nachgelagerte Verbeitragung.

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